Hänsch findet Schönheit im Schäbigen

Die Künstlerin aus Dresden wohnt jetzt in Winnenden und stellt in der Rathaus-Reihe ungewöhnlich ruhige Bilder aus.

Von unserem Redaktionsmitglied Martin Schmitzer

Winnenden. Viele bleiben stehen, vielen gefällt die Kunst, die seit neuestem im Rathausfoyer hängt. Es sind ungewöhnlich ruhige Bilder mit fein abgestimmten, harmonischen Farben und komponierten Flächen und Linien, Blicke auf Hausfassaden und in Blumengärten. Gemalt hat sie Wolfhild Hänsch, 34-jäh­rige Künstlerin, die sich dauerhaft in Winnenden niedergelassen hat.

Hänsch hat die hohe Schule der Kunst durchgemacht, war Meisterschülerin bei Elke Hopfe an der Kunstakademie Dresden, und malt doch so, als würde sie sich vom gängigen Kunstbetrieb bewusst fernhalten. Keine Aufregung, kein Stachel, kein Schlunz, kein Spachtel und kein Baumaterial in den Bildflächen, dafür ausgespro-­ chen dünner Farbauftrag, feine Maltechniken, altmeisterliches Können. Im einem Bild tupft sie die Farbe fein, im anderen zieht sie lange Pinselstriche. Hänsch stammt aus Dresden, aus der Stadt, die sich ihr altes zerstörtes Stadtbild wiedergegeben hat, in der sich die Bewohner nach dem Schönen und von Menschenhand Geordneten sehnen. Auch Wolfhild Hänsch sucht das Schöne, manchmal sogar die Schönheit im Schäbigen. Sie kann eine schnöde, stierblutrote Fassade des Gasthauses „Alter Ochsen" in ein Bild fassen, sie lässt dem schmucklosen alten Fenster mit der fadweißen Einfassung seine Gestalt und sein Weiß, malt in bester Technik die schäbigen Vorhänge wunderschön und komponiert die Fassade so, dass nachher das Fassadenrot in vielen Tönen schimmert und sich die graue Treppe unten strahlend heraushebt aus dem Bild, weil der Beton mit vielen Farbschattierungen ge­malt ist bis zu feinen Streifen aus Himmel­ blau. Dabei ist's doch nur Beton.

Die Farbe Schwarz macht die Bilder nicht düster

„Ich suche nach den Farben. Ich male nichts Düsteres", sagt Wolfhild Hänsch. Schwarz­malerei ist nicht ihr Thema; aber sie nimmt gerne Schwarz: „Es hebt andere Farben an, es hat etwas Frisches." Ihr Schwarz ist kein dichtes Schwarz, es sind Schattierungen, ihr Weiß ist kein Weiß und ihr Rot ist in manchen Bildern zwar ein eindeutiges Rot, aber doch nicht die Reinfarbe aus der Tube.

Wolfhild Hänsch hat etwas Unbeirrbares. Sie malt Bilder. Punkt. „Kunst" ist gar nicht ihr Ziel, ist nicht das Etikett, das sie aufgeklebt haben will. Stillleben hat sie ge­malt, von dort ging sie weiter zu Fassadenbildern, und sie scheut auch nicht vor der Hobbykünstler Lieblingsmotiv zurück, vor den Garten- und Blumenbildern. Aber ihre Bilder sind anders, sind gegen die gängigen Gewohnheiten komponiert, mit grobem sicherem Strich gemalt, in der Bildmitte ganz ohne Blumenmotiv, die Blütenfarben leuchten sparsam auf der Seite. „Das bringt Ruhe ins Bild."

Ein Motiv fehlt in ihren Bildern: der Mensch. Kein Porträt, keine Figur, nichts, was den Menschen darstellt, ist zu finden. Wolfhild Hänsch malt die Spuren des Menschen, malt die Fassaden, die er gemacht hat, die Pflanzen, die er pflegt und ordnet. Indirekt ist der Mensch somit im Bild.

Wer öfter zu Fuß an der Schorndorfer Straße vom Friedhof Richtung Volksmission geht, hat die Künstlerin Wolfhild Hänsch bestimmt schon entdeckt. In einem alten Haus hängen Ölgemälde in den Fenstern und der Hinweis auf Kunstkurse ist ausgehängt. Hier hat Wolfhild Hänsch seit ungefähr einem Jahr ihr Atelier und hier wohnt sie mit ihrer Familie.

Die Künstlerin stammt aus Dresden, hat kurze Zeit mit ihrer Familie in München gelebt. Nun nahm ihr Mann eine Stelle im Stuttgarter Raum an und die Familie fand in Winnenden ein passendes Haus, das sie kaufte. Die beiden Töchter gehen aufs Lessing-Gymnasium und in den Jugendhaus-Kindergarten.

Bei einer Kunstausstellung von Renate Mildner-Müller hat Wolfhild Hänsch auch Eva Schwanitz kennengelernt, gelangte in den Winnender Kunstsalon und wurde für die Ausstellung im Rathaus ausgewählt.